Im Juni muß der Waldläufer ganz besonders Rücksicht bei seinen Streifzügen
nehmen. Jungvögel und Jungtiere brauchen ihre Ruhe, um kräftig und gesund
zu werden. Diese Ruhe nutzen die jungen Hüpfer für ausgelassene Fangspiele
(vor allem bei den Wildkaninchen) und dem Üben von Nahrungsbeschaffung.
Manche - wie die Jungvögel - piepen nur vor sich hin und bekommen trotzdem
den Bauch voll. Wenn das immer so einfach wäre :o)
Rücksicht nehmen bedeutet für den Waldläufer, seine Streifzüge einzuschränken. Jede Störung
des Jungwildes und der Muttertiere bedeutet ernstzunehmende Schädigung. Wenn
unser Wandern im Wald eine Flucht der Ricke (beim Rehwild) bedeutet, diese dann
bei der Überquerung der Landstraße (und davon gibt es mindestens jeden Kilometer
eine!) totgefahren wird - bedeutet dies auch meist den Tod des Kitzes.
Allein der Streß reicht schon aus, um das Wild anfälliger für Krankheiten zu
machen.
Und auch, wer im Garten die Hecke schneidet, sollte achtgeben auf Nester mit
Jungvögeln. Wenn die Nester freigelegt werden, freuen sich zwar die Elstern,
aber es bedroht die ohnehin schon gefährdeten anderen Singvogelarten.
Der falsche Ordnungssinn macht auch den Kräutern am Wegrand zu schaffen.
Durch Mähen von Straßenrändern und Gräben werden Erdrauch, Kamille und viele
weitere Kräuter abgemäht, bevor sie zur Samenreife kommen. In der Tageszeitung
stand, daß urzeitliche Jäger und Sammler 1500 verschiedene Pflanzenarten (!)
für die tägliche Nahrung verwendeten. Das sollte der neuzeitliche Waldläufer
mal versuchen: diese Vielfalt ist verschwunden. Bis zu 350 mehr oder weniger
heimische Arten sind nur noch zu finden - und diese Schätzung ist auch noch sehr
hoch angesetzt für die meisten Standorte.
Diese Armut an Pflanzenarten macht auch den Hummeln, Bienen und Schmetterlingen
zu schaffen. Vor allem spezialisierte Arten sterben nach und nach aus.
Im Juni, Juli und August sind Bienen am fleißigsten - die Haupternte des Jahres
fällt in die Sommerzeit. Dabei sammeln Bienen nicht nur den Nektar von
Blütenpflanzen - auch der Honigtau wird von ihnen gesammelt. Honigtau ist eine
Ausscheidung von Blattläusen und Pflanzenmilben. Diese Ausscheidung wird von den
Bienen gesammelt und in Honig umgewandelt. Beim Imker wird er als Waldhonig verkauft.
Ameisen nutzen Blattläuse ebenfalls als Nahrungsquelle: fördern sie sogar.
Blattlaus-Kolonien werden angelegt, gegen Feinde verteidigt und die Blattlauseier
sogar im Ameisenbau überwintert. Ameisen sind eben Leckermäuler und Honigtau ist
eine Delikatesse.
Leider können wir Waldläufer nicht auf diese Quelle direkt zugreifen, indem wir
Äste und Blätter ablutschen. Aber wir können Pflanzen sammeln und sie frisch
verwenden. Unsere Vorfahren kannten 1500 Arten, wir erweitern unser Wissen jetzt
um ein paar weitere Arten. Im Juni können gesammelt werden:
Echte Kamille
Die echte Kamille unterscheidet sich von der unechten Kamille durch Geruch und
durch den unterschiedlichen Blütenboden. Dazu halbiert der Waldläufer den
Blütenboden: ist er hohl ist es die echte Kamille. Die echte Kamille wird entweder
frisch verwendet oder zu einem Sträußchen gebunden getrocknet. Auch hier nicht
alles abernten in Sammlerwut, sondern maßvoll. Es werden vor allem die Blüten
geerntet (nachdem die Blütenblätter nach unten geklappt sind) und zu Tee (1-2 Teelöffel
pro Tasse) zubereitet.
Als Heilkraut wird die Kamille wegen ihrer entzündungshemmenden Wirkung verwendet,
die auf ein ätherisches Öl zurückzuführen ist. Ein Absud (eine Tasse Kamille auf ein
Liter kochendes Wasser) kann auch für die äußerliche Behandlung von Entzündungen
verwendet werden. Innerlich wirkt es beruhigend auf den Magen und durch
bakteriengift-neutralisierende Wirkung gegen bakterielle Infektionen. Diese
neutralisierende Wirkung kann auch durch Einatmen des Kamillendampfes nutzbar gemacht
werden bei Infektionen der Atemwege.
Mit Kamille lassen sich Stoffe auch gelb färben, getrocknete Kamille ergibt die Farbe
hellgelb.
Odermennig
Ein schon in der Antike (bei den Griechen und Römern) bekanntes Kraut.
Odermennig wird ab Juni bis September geerntet, wobei die Wirkung im Juni/Juli
am ehesten zu erwarten ist. Odermennig enthält Gerbstoffe, Triterpene und
ätherisches Öl. Dazu Kieselsäure, Schleimstoffe, Flavonoide.
Die Zusammenwirkung all dieser Stoffe macht dieses Kraut zu einem gutem Mittel bei
Durchfällen und als Mundspülung. 2 Teelöffel auf eine Tasse ergeben einen Tee, der
zwei-dreimal täglich getrunken werden soll. Mit diesem Tee auch gurgeln.
In der Volksmedizin wird Odermennig als einer der besten Wundkräuter genannt.
Ackerschachtelhalm
Der Hauptwirkstoff des Ackerschachtelhalms ist die Kieselsäure. Sie scheuert
und reinigt - weswegen Ackerschachtelhalm sich auch als Scheuermittel für
Kochtöpfe eignet (selbst ausprobiert beim Waldlauf). Äußerlich angewendet
ist Ackerschachtelhalm gut gegen Entzündungen und schorfige Stellen. Innerlich als
Tee (wieder 1-2 Tellöffel pro Tasse) ist Ackerschachtelhalm gut gegen innere
Blutungen und wirkt harntreibend - gut gegen Blasenleiden. Im Gegensatz zu vielen anderen harntreibenden
Pflanzen wirkt Ackerschachtelhalm dabei nicht auf den Elektrolythaushalt des
Körpers.
Die Kieselsäure löst sich nicht sofort - daher nach dem Überbrühen mindestens
eine halbe Stunde ziehen lassen. Beim Kaltauszug 24 Stunden warten.
Selbst habe ich Ackerschachtelhalm für ein Fußbad genommen - nach ausgiebigen
Barfußlauf über mehrere Tage. Kleine Schnittwunden und Schürfungen heilen gut
nach dieser Behandlung.
Im Juni können außerdem folgende Pflanzen gesammelt werden:
Augentrost (blühendes Kraut), Birke (Blätter), Brennessel, Brombeere (Blätter),
Dost (blühendes Kraut), Eisenkraut (blühendes Kraut), Erdrauch (blühendes Kraut),
Frauenmantel (Kraut), Gänsefingerkraut (Kraut), Hirtentäschel, Holunderblüten,
Johanniskraut, Linde (!) (Blüten), Schafgarbe (Kraut), Schöllkraut (Kraut und Wurzel),
Spitzwegerich, Stiefmütterchen, Taubnessel, Weißdornblüten.
Wie diese Kräuter genutzt werden können, erfahrt ihr in der
Waldläufer-Apotheke
Im Juni beißen die Fische endlich wieder vernünftig! Nach der Winterruhe und nach
dem Ablaichen haben die Fische entsprechend Hunger, die steigenden Temperaturen
versprechen Anglerglück. Wie das Barometer mit der Beißlust zusammenhängt,
darüber wird viel diskutiert. Unsere Erfahrung aber zeigt, daß gleichbleibende
Barometerstände besonders gute Erfolgsaussichten bringen. Bei anhaltendem
Sonnenschein kommen die Friedfische wie Karpfen und Schleie in Fahrt, Zander und
Welse rauben vergnügt die reichlich vorkommenden Jungfische.
Das maßvolle (!) Anfüttern von Karpfen mit Mais und das Anfüttern der Schleien
mit weichgekochten (mit etwas Zucker) Weizen hat sich bewährt. Das Anfüttern
sollte immer zur gleichen Tageszeit stattfinden, am gleichen Platz. Schnell
gewöhnen sich die Fische daran - bereits nach 5-7 Tagen. Es genügen ein paar
Hände Futter und die Fische beißen meist innerhalb einer halben Stunde.
Der Garten im Juni bringt die ersten kulinarischen Sensationen hervor:
Erdbeeren! Kirschen! So schmeckt der Sommer! Die ersten Möhren und Frühkartoffeln
sind erntereif. Im Garten fallen außer Jät-, Gieß- und Hackarbeiten wenig
Arbeiten an. Im Altdeutschen heißt der Monat Juni auch Brachet: früher wurden
die brachliegenden Felder im Juni umgepflügt.
Bei den Kartoffeln tritt ab Juni die Krautfäule auf. Wer später
nicht auf giftigste Fungizide zurückgreifen will, beugt mit einer
Kupferkalk-Spritzung Anfang Juni und Mitte Juni vor.
Kirschen einmachen ist nicht schwer: die Kirschen werden mit Zucker
in ein Glas gegeben, das wird fest verschraubt oder geklammert, in
einen Topf (oder Einkocher) in ein heißes Wasserbad gesetzt und 20 Minuten
kochen. Ein Einsatzgitter im Topf verhindert das Platzen der Gläser.
Im Topf sollten 100°C herrschen - das wird am besten mit einem Deckel
erreicht.
Marmelade ist nichts anderes als weichgekochte Früchte. Hier ein Rezept für
Rhabarber-Erdbeer-Marmelade:
750gr Rhabarber, 750gr Erdbeeren
750gr 2:1 Gelierzucker
Rhabarber waschen und in 0,5cm Stücke schneiden, Erdbeeren waschen
und zerdrücken. Früchte mit dem Gelierzucker vermischen und mindestens
eine Stunde ziehen lassen. Unter Rühren aufkochen. Wer mag versetzt der
Marmelade einen guten Schuß Rum. Immer wieder schauen, ob die Marmelade
schon geliert, dazu mit einem Löffel etwas Marmelade auf einen Teller
geben und etwas abkühlen lassen. Sieht es aus wie Marmelade, ist es
Marmelade. Läuft das Ganze wie "Schmitz's Katze" vom Teller, noch ein
wenig weiterkochen. Das Ganze heiß in die Gläser füllen, die vorher
abgekocht werden sollten. Dabei idealerweise einen Trichter verwenden, denn
die Ränder des Glases müssen sauber bleiben. Verschließen - fertig.
Statt des Gelierzucker kann auch normaler Zucker verwendet werden.
Dann muß jedoch Pektin (ein Klebstoff) zugegeben werden. In Form von
Apfelstücken, Apfel- oder Zitronensaft. Manchen Marmeladen gibt das
erst den
richtigen Pfiff.
Das Wetter im Juni war "durchwachsen". Zur Hälfte bewölkt, zur Hälfte sonnig.
Die Temperaturen waren wirklich niedrig für einen Juni-Monat. Spezielle
Wetterregeln für den Juni gibt es nicht. Anfang Juni läßt sich noch Froschlaich
in den Teichen entdecken: liegt der Laich tief bedeutet das ein trockenes Jahr,
während im Flachen abgelegter Laich ein nasses Jahr prophezeit.
Viel Spaß beim Beobachten und Ausprobieren wünschen wir. Bis zum Juli! Die Waldläufer.
Der Mond im Juni
Vollmond ist am 03. Juni 2004
Neumond dann am 17. Juni 2004
Der 21. Juni ist der längste Tag des Jahres. Danach werden die Tage wieder
kürzer, die Nacht länger. Mehr Zeit zum Sternebeobachten. Immer wieder eine
gute Sache, sich das Sternenbild einzuprägen. Der Nordstern (Polarstern) im
Kleinen Bären als Nordrichtung, der Große Bär als Zeiger zum Kleinen Bären.
Es gibt je nach Jahreszeit verschiedene Sternenbilder. Vor allem Sternenbilder
die am Horizont "leben", tauchen ab und wieder auf. So zum Beispiel das
Sternenbild Orion. Der "Große Krieger" erscheint nur in den Wintermonaten.
Als Waldläufer versteht es sich von selbst, Sterne zu beobachten. Auf hoher
See orientieren sich die Aboriginies des Nordosten Australiens (Torres Strait Islands)
ausschließlich nach den Sternen. Selbst das Wetter konnten die Vorfahren
nach den Sternen voraussagen: sahen die Sterne blasser aus, als gestern, lag
Feuchtigkeit in der Luft. Obwohl keine Wolken zu sehen waren, konnte Wind
oder Regen vorhergesagt werden. In der Beobachtung liegt eben alles für
den Waldläufer, für den Draußenlebenden, für den reellen Menschen.
Außerdem verbindet uns nichts mehr mit der Welt, als ein Blick in
die Sterne.
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