An einem sonnigen Tag, wir schreiben das Jahr 2006, versammelten sich auf einer Waldlichtung merkwürdige Gestalten.
Von nah und fern kamen sie, dem Ruf der Wildnis folgend. Ja, es war soweit - der große Tag begann. Das
Waldläufertreffen 2006.
Nachdem jeder seine Schlafgelegenheiten sortiert hatte, gab es ein Frühstück am Lagerfeuer, wo das Kennenlernen begann.
Wo kommst Du her, was machst Du so, warum und wie waldläuferst Du?!
Nach der Stärkung begaben wir uns auf dem Weg zum See. Unterwegs bestimmten und sammelten wir Pflanzen. Wir begegneten dabei
der Schafgarbe, die auch Tausendblatt genannt wird - wegen ihrer gefiederten Blätter. Diese Pflanze ist ein wahres Allheilmittel
und wird bei uns hauptsächlich zur Steigerung der Abwehrkräfte, zur Blutreinigung und zur Pflege der Haut eingesetzt.
Die Große Klette ist uns ebenfalls begegnet. Die Wurzel der Großen Klette wirkt antibiotisch und pilzhemmend, weswegen sie sich
gut zur Wundbehandlung eignet. Haare und Haut sollen ebenfalls davon profitieren. Wir nutzten die Kraft der Klettenwurzel auch,
um Mückenstiche zu behandeln. Für den Vorrat werden die Wurzeln halbiert und getrocknet.
Die Wilde Möhre diente uns zur Speise, bestimmt haben wir sie an dem Kranz und der kleinen schwarzen Miniblüte in der Mitte
der Hauptblüte. Im Gegensatz zum giftigen Schierling hat sie keinen blutbefleckten Stengel. Als Nahrung diente uns
außerdem Melde und Brennessel als Spinat. Obst fanden wir auch vor. Eine Überraschung war, daß Ebereschenbeeren
eßbar sind - und nicht giftig, wie manch einer von seinen Eltern prophezeit bekam. Die Beeren enthalten sehr viel
Vitamin-C, so viel wie keine andere Beere. Sie schmeckt sehr sauer und ab dem Genuß von 80kg ist sie tatsächlich giftig.
Aber wer isst schon 80kg Ebereschenbeeren...
Aber das war noch nicht alles. Wir probierten Weißdornbeeren, die gut für die Stärkung des Herzens sind und als Dauertee
getrunken werden können. Zwischen den Weißdornbeeren lauerte die Gefahr: die Zaunrübe rankte zwischen den Zweigen und
lockte mit ihren roten Beeren: sie sind aber unbedingt giftig!
Die Birkenblätter werden im Mai, wenn sie noch jung und hellgrün sind, geerntet. Dann wird ein oder zwei Wochen lang eine
Kur mit Tee aus Birkenblättern gemacht, um die Blutreinigung zu unterstützen. Die Schlacke des Winters wird so aus dem
Körper getrieben und der Körper kann die Energie des Sommers tanken.
Am Nachmittag war es soweit, der Knaller des Waldläufer-Treffens wurde gezündet. Die Waldläufertoilette. Von der Theorie
zur (nachgestellten) Praxis.
Im Wesentlichen beruht die Waldläufertoilette auf einem Prinzip, daß sich ein Amerikaner ausgedacht hat. Der hat sich die
verschiedenen Toilettenformen, die es heute so gibt, angesehen. Zum Beispiel die Toilette mit Wasserspülung. Nun, was passiert
bei einer solchen Toilette?! Das Problem wird weggespült. Aus den Augen, aus dem Sinn. Aber in der Kanalisation brodelt
und kocht es, wilde Gerüche künden von Fäulnis und neuen Krankheiten.
Dann gibt es noch eine weitere Toilettenform, welche fällt einem als nächstes ein?! Richtig, das Plumpsklo. Die
Waldläufer-Gemeinde war sich einig: die Erfahrung zeigt, ein Plumpsklo stinkt wie die Hölle. Was passiert aber bei einem
Plumpsklo?! Häufchen fällt auf Häufchen, der Gestank wächst mit dem Haufen.
Aber natürlich gibt es wie immer noch Steigerungen...sozusagen die Extremhölle. Richtig, das Dixie-Klo. Chemikalien
sollen eigentlich die Geruchsbildung unterdrücken, aber irgendwie scheint die Rechnung nicht aufzugehen. Tja, das
Stoffwechselendprodukt fällt eben in die Flüssigkeit und wird desinfiziert. Aber das Häufchen schwimmt, die Oberfläche
des Köttels ragt über die Chemie hinaus und bildet den idealen Nährboden. Kein Wunder, daß Fäulnis um sich greift.
Was passiert, wenn ein Wildtier sein Häufchen macht?! Es fällt zu Boden, einzeln und allein. Fast schon einsam. Durch die
murmelförmige Konsistenz trocknet das Häufchen aus und wird schnell zu Waldbodenhumus. Und da liegt der Trick!
Anstatt der Fäulnis zu helfen, muß der natürliche Verrottungsprozeß angestoßen werden. Das geht hauptsächlich durch
Trocknen. Der angesprochene Amerikaner hat eine Art Plumpsklo mit Sieb und Ventilator gebaut, was die Trocknung
beschleunigt. Für den Einsatz als Waldläufertoilette nicht gerade geeignete Mittel. Der zünftige Waldläufer orientiert sich
daher an den Wildtieren: er kürt sich einen Abwurfplatz aus, ein stilles Örtchen. Dieser "Abwurfplatz" wird frei
gekratzt. Das Häufchen wird gesetzt und mittels eines Stockes - von den Waldläufern liebevoll "Shit-Stick" genannt,
per Golfschlag in die Botanik hinter dem Abwurfplatz geschleudert. Hat man große Häufchen, zerteilt man vor dem
Schleudern dieses Häufchen in kleinere Portionen.
Wie diese Buschtoilette aufgebaut und betrieben wird, darüber folgt noch ein weiterer Beitrag. Mit Bildern und Video, das
das Ganze verdeutlichen wird.
Der nächste Höhepunkt, im wahrsten Sinne des Wortes, folgte auf dem Fuße: die Klettervorführung unserer Fraktion aus
Bayern. Für die Flachländer-Waldläufer ein Schock: da baumelt einer kopfüber aus der Birke!
Mit wirklich guter Anleitung durften alle mal das Brustgeschirr anlegen und sich in den Baumwipfel empor wagen. Die Ausrüstung
wurde eigens mitgebracht. Seile, Seilklemmen (Steigklemmen?), Karabiner, Brustgeschirr, Abseilachter und Gurte.
Das Seil wurde über einen Ast geworfen und mit einem Ende am Baum befestigt. Am anderem Ende wurden die Steigklemmen angesetzt,
an denen die Schlaufen für die Füße befestigt waren. Gesichert wurde man durch das den Sitzgurt und das Brustgeschirr, die
an einem der beiden Steigklemmen befestigt waren.
Stück für Stück ging es so hinauf, oben wurde dann die Steigklemmen nach und nach ausgewechselt mit dem Abseilachter
ausgetauscht - eine rasante Fahrt nach unten folgte. Bei einem mehr, bei anderen weniger rasant ;o)
Auch zum Thema Klettern werden wir einen Artikel rausbringen, geschrieben von unseren Freunden aus Bayern!
Der Nachmittag verging und es folgte der Abend, an dem wir gemütlich beim Lagerfeuer saßen, mehr oder weniger ausgefallene
Waldläufersuppen kochten und über Assimilations-Stränge und andere nicht weniger interessante Dinge redeten. Es wurde
viel dabei gelacht und rumgealbert. Permakultur, indianische Weisheiten und niederrheinische Mücken waren am späteren Abend Themen.
Was Beifuß mit dem Menschen zu tun hat und wieso Tauchwanderer erst Kilos beim Gepäck einsparen und dann Blei mit auf die Tour nehmen ;o)
Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, wurde zusammengepackt. Der Bär lud noch in seine Bärenhöhle ein und der anschließende
Abschied fiel schwer. Alles in allem ein schönes Waldläufertreffen. Bis nächstes Jahr!